Orte zum Wachsen – Spielorte in der Natur im Waldwiesel-Wald (Teil 1)
Einleitung
Seit tausenden von Jahren spielen Kinder in der Natur und sammeln dort essentielle Primärerfahrungen. Diese Verbindung zur Natur ist tief in uns verankert. Unsere Wahrnehmung und unser Körper sind darauf ausgelegt, diese Naturspielplätze wie deren Lebewesen zu entdecken, sie mit allen Sinnen zu erfahren. Haben Kinder die Möglichkeit an diesen Naturplätzen zu wirken und zu sein, ergibt sich eine Vielzahl von stärkenden Effekten. Dahinter steht die zeitlose Frage: „Was (für Naturplätze) brauchen Kinder für eine gesunde Entwicklung?“

Vielfältiges und abwechslungsreiches Gelände
„Der Reichtum der Natur bietet für jedes Entwicklungsalter eine unerschöpfliche Fülle an Möglichkeiten.“
Wenn wir einen Blick in naturnahes Waldgelände werfen, fällt uns auf, dass es hinauf und hinunter geht, es geht über Stock und Stein, es gibt weiche Moose zum Ausruhen, steile Abhänge zum Rutschen und Purzeln, Mulden zum Hineinkauern, Wurzeln zum Klettern und Balancieren, dichtes Gebüsch zum Verstecken. Bei Waldwiesel zum Beispiel haben wir einen bei den Kindern sehr beliebten Platz beim Tipi die „Pieksiwelt“. Dieser Platz ist eine von dichten Büschen verwachsene, steile Böschung mit teils lehmigen und teils steinigeren Boden, sie bietet viele heimelige Gänge und Verstecke, die durch das Hindurchbewegen der Kinder entstanden sind. Die Kinder lieben es im Dickicht der Sträucher, Rollenspiele zu erfinden, zu klettern oder nach Schätzen zu suchen, Erde in Gefäße zu füllen und die Erdlöcher auf Bewohner zu untersuchen.

Die Pflanzen und Tierwelt
„Wir lernen uns als Teil des Waldes zu erkennen und zu erfahren.“
Kinder lieben Tiere. Wildtiere jedoch in der freien Natur direkt beobachten zu können, ist nicht immer einfach. Was man aber in Hülle und Fülle findet, sind Tierspuren, Trittsiegel im Matsch, angenagte Fichtenzapfen, Fraßspuren an Haselnüssen, Federn von Singvögeln, Losungen, Knochen und Fellreste. Die Spuren faszinieren die Kinder und regen an sich Gedanken darüber zu machen, was bloß an dieser Stelle passiert sein mag.
Naturnah bewirtschaftete Mischwälder sind durch ihre Artenvielfalt besonders interessant. Bei Waldwiesel lieben die Kinder vor allem die jungen Eichen zum Klettern, die mit ihren tiefreichenden, stabilen Äste förmlich dazu einladen sich auf ihnen zu bewegen und deren Durchmesser mühelos von den Kinderhänden umfasst werden kann. Die Bäume mit bodennahen Ästen eignen sich hervorragend zum Bespielen, sie werden vom Feuerwehrauto, mit einem biegsamen Ast als Scheibenwischer, über die Mondrakete, bis zum Baumhaus für alles eingesetzt, was die Fantasie erlaubt. Wiesen bieten eine weiche, duftende Unterlage fürs Sitzen, Krabbeln, Laufen, Herumtollen und Liegen, sie begünstigen großräumiges Bewegen und Spielen. Geneigte Wiesenflächen laden zum Herunterrollen und Purzeln ein. Ganz nebenbei entdecken die Kinder auch die verschiedenartigen Krabbeltiere und Bodenlebewesen. Was auf so einer Wiese alles an Leben unterwegs ist!
Literatur
Miklitz, Ingrid: Der Waldkindergarten. Dimension eines pädagogischen Ansatzes. Berlin, 2011. Cornelsen Verlag Scriptor.
Renz-Polster, Herbert; Hüther, Gerald: Wie Kinder heute wachsen. Natur als Entwicklungsraum. Ein neuer Blick auf das kindliche Lernen, Fühlen und Denken. Weinheim und Basel, 2013. Beltz Verlag.
Andreas Raith und Armin Lude: Startkapital Natur. Wie Naturerfahrung die kindliche Entwicklung fördert. München, 2014. Oekom Verlag.
Wild, Rebeca. Sein zum Erziehen. Mit Kindern leben lernen. Heidelberg, 1991. Arbor Verlag.